ALG II: Vereinnahmte Umsatzsteuer kann bedarfsbereites Mittel zur Deckung des Lebensunterhalts und damit Einkommen sein

Das Bundessozialgericht hatte mit seinem Urteil vom 22.08.2013 (Az. B 14 AS 1/13 R) nunmehr einen nach einem längeren Streit einen Schlusspunkt gesetzt.

Fraglich war unter anderem, ob eigentlich vereinnahmte Umsatzsteuer, welche steuerrechtlich nur einen durchlaufenden Posten darstellt, sozialrechtlich als Einkommen gewertet werden darf.

Dies bejaht das Bundessozialgericht nunmehr grundsätzlich.

Sofern vereinnahmte Umsatzsteuer nicht auch im Bedarfszeitraum (regelmäßig sechs Monate) abgeführt wird, ist sie ein sogenanntes bedarfsbereites Mittel und muss daher zur Deckung des Lebensunterhalts eingesetzt werden.

Der Umstand, dass die Umsatzsteuer gleich direkt wieder mit einer Zahlungspflicht an das Finanzamt belastet ist, überzeugte die Richter im Hinblick auf die Steuergesetzgebung nicht.

Es soll eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend sein. Die Pflicht zur Zahlung der Umsatzsteuer und damit die maßgebliche Belastung entstehe erst mit der vollständigen Verwirklichung des Steuertatbestandes. Der Steueranspruch der Finanzverwaltung, auf den die Zahlungen zu leisten sind, entsteht nach dem Bundessozialgericht nicht bereits mit der Vereinnahmung der Umsatzsteuer, sondern gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 a und b Umsatzsteuergesetz, welches hier zu beachten war, erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung erbracht bzw. das Entgelt vereinnahmt wird. So ist nach Ansicht des Bundessozialgerichts der entsprechende Zufluss auch nicht von vornherein nach dem SGB II privilegiert, sondern gehört als Bruttoeinnahme (vor Steuer) zum Einkommen.

Nach den weiteren Ausführungen des Bundessozialgerichts könnte davon ausgegangen werden, was hier im vorliegenden Falle allerdings nicht zu entscheiden war, dass bei tatsächlicher Abführung der Umsatzsteuer im Bewilligungszeitraum, also regelmäßig im 6-Monatszeitraum, die Umsatzsteuer dann wieder nicht zu berücksichtigen sei.

Auch Rückstellungen, die ein Unternehmer im Hinblick auf die Steuerschuld vornimmt, können nach Ansicht des Bundessozialgerichts nicht zu entsprechenden Absetzungen im Einkommen führen. Im Vergleich zu einem Unternehmer sei nämlich der nichtselbstständige Hilfebedürftige verpflichtet, sein Einkommen auch dann zur Behebung der gegenwärtigen Notlage für sich zu verwenden, wenn er sich dadurch außer Stande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Dies müsse also auch für den Unternehmer gelten.

Letztendlich spricht sich das Bundessozialgericht in seinem Urteil dafür aus, dass die vereinnahmte Umsatzsteuer, welche nicht auch im Bewilligungszeitraum an das Finanzamt abgeführt wird, Einkommen im Sinne des Sozialrechts darstellt und damit auch für die Beseitigung der Notlage eingesetzt werden muss.

Hilfebedürftigen Unternehmern, welche umsatzsteuerpflichtig sind, bleibt da lediglich die Möglichkeit, solche vereinnahmte Umsatzsteuer bereits wieder in dem Bewilligungszeit abzuführen. Ob und inwieweit dies möglich ist, sollte mit einem Steuerberater besprochen werden.

(vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.08.2013, Az. B 14 AS 1/13 R)


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