Was macht eigentlich ein Verfahrensbeistand? – Familienrecht, aber richtig #7

Bild: photography-eu / fotolia.de

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Herzlich willkommen bei unserem heutigen Artikel in unserer Reihe „Familienrecht, aber richtig“, in welcher wir Ihnen gerne Tipps und Anregungen rund um die Themen „Trennung, Scheidung, Unterhalt und Kindeswohl“ geben möchten. Neue Artikel in dieser Reihe erscheinen immer mittwochs in den Abendstunden.

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In der letzten Woche haben wir darüber gesprochen, wie sich das Sorgerecht bei nicht miteinander verheirateten Eltern darstellt.

Heute möchte ich Sie gerne darüber informieren, was eigentlich ein sogenannter „Verfahrensbeistand“ im gerichtlichen Verfahren macht.

Streiten sich Eltern zum Beispiel um das Sorgerecht oder auch „nur“ das Umgangsrecht, kann meistens ein gerichtliches Verfahren kaum noch vermieden werden. Zwar gibt es heutzutage fantastische Möglichkeiten der „außergerichtlichen Streitbeilegung“ wie beispielsweise die Mediation, doch wird alles das nur äußerst selten genutzt. Immer noch viel zu oft geht es bei dem „Kampf ums Kind“ gar nicht um das Kind, sondern darum, dem/der Expartner/in wehzutun, selbst Recht zu behalten oder leider auch nur noch um die Vernichtung des anderen.

In meiner täglichen Praxis in meiner Rechtsanwaltskanzlei und als Fachanwalt für Familienrecht insbesondere, treffe ich häufig auf derart zerstrittene Elternteile, wo ich zunächst nur noch denke: „Das arme Kind“.

Meist aber gelingt es dann, jedenfalls den/die eigene/n Mandanten/in davon zu überzeugen, dass die Vernichtung nicht das Ziel sein kann, sondern das Kind immer, wirklich immer, beide Elternteile braucht, auch wenn dies aus der eigenen Wahrnehmung heraus kaum nachzuvollziehen sein mag.

Aus dieser Perspektive setzt auch der Beteiligte am familiengerichtlichen Verfahren, der Verfahrensbeistand, an.

Oft wird er auch als „Anwalt des Kindes“ bezeichnet, denn er kann für das Kind fast sämtliche Verfahrensrechte wahrnehmen und zum Beispiel Rechtsmittel einlegen oder dergleichen. Er kann und muss eigene Schriftsätze an das Gericht und die anderen Beteiligten richten, Anträge stellen, Vorschläge machen.

Der Verfahrensbeistand wird von dem Gericht bestellt. Dies bedeutet, dass er Beteiligter des Verfahrens, an der Seite des Kindes, ist und als solcher über alles, was in dem Verfahren passiert informiert wird. Er bekommt sämtliche Schriftsätze in Abschrift zugesandt und wird auch zur mündlichen Verhandlung geladen, hat dort Rederecht. Bezahlt wird er von der Staatskasse mit einer pauschalen Vergütung, welche oft leider nicht kostendeckend ist.

Letzteres liegt daran, dass ein Verfahrensbeistand im Regelfall auch die Aufgabe übertragen bekommt, mit den Eltern des Kindes daran zu arbeiten, eine einvernehmliche Lösung der im Streit stehenden Fragen zu finden. Hierfür muss er dann nicht nur mit dem Kind (je nach Alter), sondern eben auch mit den Eltern Gespräche führen, diese zu Hause besuchen, gemeinsame Gespräche führen, mit Dritten wie Schule, Kindergarten, Großeltern und so weiter sprechen und sich ein umfassendes Bild über die Lebenssituation des Kindes machen. Wie Sie sich vorstellen können, ist dies äußerst zeitaufwendig.

Für den Verfahrensbeistand gilt es dann, die Wünsche, Nöte, Bedürfnisse des Kindes herauszufinden und den Eltern sozusagen in deren Sprache zu übersetzen und begreiflich zu machen. Ein oftmals schweres Unterfangen, wissen doch die Eltern vermeintlich immer am besten, was für das Kind gut sei … nur manchmal tun sie dies eben nicht mehr, da sie in ihrem eigenen Streit zu sehr verfangen sind.

Man benötigt daher als Verfahrensbeistand Geduld und Einfühlungsvermögen, Takt, Durchsetzungskraft und Verständnis, muss gut zuhören, aber auch einmal deutliche Worte finden können. Manchmal sind auch schon fast hellseherische Kräfte gefragt, wenn es darum geht, eine Zukunftsprognose erstellen zu müssen, wo und wie und mit wem es dem Kind denn wohl am besten gehen könnte.

Alle Erkenntnisse aus Sicht des Kindes und natürlich auch aus eigener Sicht zusammengefasst, übermittelt der Verfahrensbeistand dann in einem Schriftsatz und Stellungnahme an das Familiengericht, welches diesen an alle anderen Beteiligten weiterreicht.

In der mündlichen Verhandlung erörtert der Verfahrensbeistand dann seine Ansichten und ist meist mit dabei, wenn das Kind angehört wird, als parteiischer Dritter allein auf Seiten des Kindes und als diesem vertraute Person.

Oft gelingt es dabei, dass dann eine gerichtliche Entscheidung tatsächlich überflüssig wird und die Eltern sich einigen können. Dies hat immer den unendlichen und niemals zu unterschätzenden Vorteil, dass beide Eltern ihr Gesicht wahren und für das Kind eine gemeinsame Lösung haben finden können.

Viele Eltern meinen, der Verfahrensbeistand, ähnlich einem Sachverständigen, sei das „Zünglein an der Waage“, welches über den Ausgang des Gerichtsverfahrens entscheidet. Dem ist nicht so.

Natürlich ist der Einfluss eines guten und umsichtigen Verfahrensbeistandes auf die Entscheidung des Gerichts nicht unerheblich, doch es entscheidet das Gericht allein. Manchmal bedeutet dies auch für den Verfahrensbeistand, sich mit dem Gericht „anlegen“ zu müssen und deutlich mitzuteilen, warum er anderer Ansicht ist. Manchmal ist dies von Erfolg gekrönt, manchmal eben auch nicht.

Ein Verfahrensbeistand hat also eine hohe Verantwortung, denn er steht an der Seite des Kindes und verteidigt dessen Rechte im Verfahren. Er ist nur dem Kinde und nicht den Eltern oder gar einem einzelnen Elternteil verpflichtet. Er ist dadurch manchmal auch ein Prellbock zwischen den Elternteilen und muss so einiges aushalten.

Doch insgesamt ist es eine ehrenvolle Aufgabe und hervorragende Einrichtung, um tief zerstrittene Elternteile vielleicht wieder an einen Tisch zu bekommen und aus dem Blickwinkel des Kindes zu denken … mit dem Kind und für das Kind. Diese Aufgabe nehme ich persönlich immer wieder sehr gerne wahr.

Schaffen es die Eltern, sich hier ein Stück weit leiten und mitnehmen zu lassen, sind die Ergebnisse teils sogar bahnbrechend und die Kinder gewinnen ein großes Stück Sorgenfreiheit in der ohnehin für sie viel zu schweren Situation.

Wenn Sie als Elternteil also von dem Verfahrensbeistand zur Mitarbeit gebeten werden, geben Sie sich einen Ruck und machen Sie mit. Sie vergeben sich dabei nichts, können aber für Ihr Kind alles gewinnen.

Auch hier wird es Ihnen Ihr Kind sicherlich sehr danken!

 

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In der nächsten Woche gehen wir in unserem Beitrag in der Reihe „Familienrecht, aber richtig“ der Frage nach: „Mediation, was ist das eigentlich?“ Ich freue mich, wenn ich Sie auch dann wieder als Leser oder Zuschauer begrüßen werden kann.

 

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Thorsten Haßiepen
-Rechtsanwalt-
-Mediator-
-Fachanwalt für Familienrecht-
-Fachanwalt für Sozialrecht-

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