Haben Oma und Opa auch ein Recht auf Umgang? – Familienrecht, aber richtig #4

Bild: Monkey Business / fotolia.de

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In der letzten Woche haben wir über das sogenannte Wechselmodell gesprochen. Dies ist eine besondere Form des Umgangsrechts im Allgemeinen.

Dass die leiblichen Eltern des Kindes in aller Regel ein Umgangsrecht haben, versteht sich fast von selbst. Aber wie steht es mit den Großeltern oder anderen Bezugspersonen eines Kindes? Haben die auch ein (eigenes) Umgangsrecht?

Wie sagt der Jurist: „Grundsätzlich haben Sie das.“ Und „grundsätzlich“ bedeutet, es gibt gefühlte eine Millionen Ausnahmen. Und letztlich wir wären nicht in Deutschland, gäbe es nicht auch einen Paragraphen im Gesetz, welcher eben dieses Umgangsrecht regelt. So heißt es dann auch in § 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):

(1) Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

(2) Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

Doch bevor Sie nun jubelschreiend zum nächsten Familiengericht aufbrechen, beachten Sie bitten, dass nicht nur das Gesetz selbst, sondern auch die Rechtsprechung eine Reihe von Einschränkungen dieses Rechts kennen.

Aber fangen wir einmal vorne an.

Alle Personen, welche einen engen Bezugskontakt zu dem Kind haben oder hatten, vor allem, wenn das Kind mit ihnen längere Zeit in einem Haushalt gewohnt hatte, haben grundsätzlich ein Umgangsrecht. Dies sind zum Beispiel die Lebenspartner und Lebensgefährten eines Elternteils, auch wenn diese selbst nicht mit dem Kind verwandt sind.

Aber eben auch Großeltern und -man mag sagen „natürlich“- auch die Geschwister eines Kindes haben ein Recht auf Umgang.

Dabei ist zu beachten, dass dieses Umgangsrecht nicht als Recht des Kindes ausgestaltet ist, wie es im „normalen“ Umgangsrecht im Hinblick auf die Eltern des Kindes der Fall ist (vgl. Artikel #2 – Umgangsrecht).

Das Umgangsrecht der Großeltern, der Geschwister und der engen Bezugspersonen ist allein deren Recht.

Allerdings schränkt das Gesetz selbst schon dieses eigentlich großzügige Recht direkt wieder ein, indem es anordnet, dass dieser Umgang dem Wohl des Kindes dienen muss.

Das Recht auf Umgang besteht also nicht sofort kraft Gesetzes, sondern wird erst auf den Prüfstand gestellt, ob die Durchführung der Umgangskontakte denn auch tatsächlich dem Wohl des Kindes dient. Man kann sich vorstellen: Wenn man den Umgangskontakt erst geltend machen muss, vielleicht sogar vor Gericht einklagen muss, wird die Gegenseite, also der verweigernde Elternteil dies regelmäßig völlig anders sehen. Und schon haben wir wieder die Würdigung der gesamten Umstände durch den sogenannten „verständigen Dritten“, letztlich also den Richter oder die Richterin.

Kommt man also selbst nicht klar, legt man sein eigenes Schicksal und das des Kindes einmal mehr in die Hände Dritter, welche die wahren Umstände kaum erkennen können oder werden, sondern im Regelfall -selbst nach Anhörung aller Beteiligten- nur auf Grund der eigenen Bewertungen des Vortrages der Eltern, des Kindes und der Großeltern etc. urteilen.

Insofern darf ich auch an dieser Stelle wieder dafür werben, sich zu einigen und gegebenenfalls auch einmal eine Mediation suchen, um eine Vermittlung zu erhalten.

Eine weitere Einschränkung in der eigentlich sehr überzeugenden Regelung ist der oben nicht angeführte Absatz 3 im Gesetz. Dieser verweist nämlich auf den § 1684 BGB. Und dort heißt es, dass alles zu unterlassen sei, was das Verhältnis des Kindes zu einem der Eltern bzw. Großeltern und anderen Bezugspersonen beeinträchtigt.

Und damit fängt natürlich der Ärger an. Denn schnell ist behauptet, der jeweils andere (also Elternteil, oder die Oma, der Opa oder wer auch immer) mache irgendetwas, was dem Kinde schade. Und dabei wird, glauben Sie mir, so ziemlich alles behauptet, was nur irgendwie denkbar ist. Dies reicht von schlechtem Umgang über zu viel Fernsehen bis hin zu Gewaltvorwürfen.

Sicherlich mag an einigen Vorwürfen auch leider etwas dran sein und dann sind die Einwände auch berechtigt. Viel zu oft aber entstammen die Vorwürfe den eigenen Wertesystemen, welche eben mit den anderen Personen überhaupt nicht übereinstimmen. Das bedeutet, wie so oft im Leben, aber nicht, dass deshalb die anderen Wertvorstellungen sofort falsch und verwerflich sind. Meist sind sie einfach nur „anders“, aber man empfindet sie als „Bedrohung“.

Das Kind selbst hat meist damit relativ wenig Probleme. Doch es kann eben auch vorkommen, dass derartige Konflikte zwischen den Bezugspersonen das Kind in einen Loyalitätskonflikt, vor allem gegenüber den Eltern stürzt. Und dann ist „Schluss mit lustig“. So hat der Bundesgerichtshof erst im Juli 2017 entschieden (Beschluss vom 12.07.2017 – VII ZB 350/16), der durch das Gesetz zugebilligte Umgang dürfe nicht um jeden Preis mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzt werden. Maßstab sei und bleibe immer das Kindeswohl. Eine tragfähige Bindung von Kindern und Großeltern alleine unterstelle, so der Bundesgerichtshof (BGH), nicht zwingend eine positive Vermutung der Kindeswohldienlichkeit, vielmehr müsse gerade die Aufrechterhaltung dieser Bindung für die Entwicklung der Kinder weiterhin als förderlich bewertet werden können.

Hiermit gibt der BGH natürlich eine leidliche „Bauanleitung“ für die Verhinderung eines Umgangs, denn ein Zerwürfnis zwischen Eltern und umgangsberechtigten Dritten (und nur auf diese Beziehung soll es ankommen) lässt sich natürlich recht einfach durch provozierte Streitigkeiten herbeiführen. Wenn dies dann aber zum Ausschluss des Umgangsrechtes der Großeltern oder anderer Bezugspersonen führen soll, bleibt wie sooft das Kind als solches auf der Strecke. Denn das Kind selbst kennt diesen Streit vielleicht gar nicht.

Entsprechend dürfte die berühmte „Latte hochzulegen“ sein. Die Anforderungen an die Auswirkungen eines Streits zwischen Eltern und Bezugspersonen auf das Kindeswohl müssen hoch sein und nicht „einfach mal so“ angenommen oder unterstellt werden. Dafür aber sollte man ein Umgangsverfahren nur mit erfahrenen Familienrechtlern an der Seite führen, welche auch nicht nur das Recht kennen, sondern sich auch in die Bedürfnisse letztlich aller Beteiligten eindenken und somit Streit schlichten und eine Lösung finden, im Notfall aber auch für die Rechte der Großeltern nachhaltig eintreten können.

Wie alles, was sich um das Kind dreht, gibt es viele Wege, welche zu einer Lösung führen können. Nutzen Sie diese, lassen Sie sich beraten und suchen Sie Einigungen, auch wenn es nicht (sofort) das ist, was Sie sich erhofft haben. Manchmal ist der sprichwörtliche „Spatz in der Hand“ eben wirklich viel besser, als die „fette Taube auf dem Dach“. Ist sie doch dort oben unerreichbar.

Auch hier wird es Ihnen Ihr Kind sicherlich sehr danken!

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In der nächsten Woche handelt unser Beitrag in der Reihe „Familienrecht, aber richtig“ über dir Frage: „Mit dem Kind wegziehen … darf ich das?“. Ich freue mich, wenn ich Sie auch dann wieder als Leser oder Zuschauer begrüßen werden kann.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr

Thorsten Haßiepen
-Rechtsanwalt-
-Mediator-
-Fachanwalt für Familienrecht-
-Fachanwalt für Sozialrecht-